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Teil 2: E-Mobilität – ein Trend oder Game Changer?

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Inhaltsverzeichnis

Die E-Mobilität verändert nicht nur, wie wir uns fortbewegen, sondern auch, wo wir uns aufhalten – insbesondere an Tankstellen, die vor einem tiefgreifenden Wandel stehen. Was früher ein simpler Stopp zum Auftanken war, könnte sich in Zukunft zu einem multifunktionalen Mobilitäts-Hub entwickeln. In Deutschland jedoch, einem Land, dass sich traditionell stark auf fossile Brennstoffe stützt, ist dieser Wandel mit erheblichen Herausforderungen verbunden.  
 
Matthias Trusheim, Growth Manager und Experte für Mobility und Fintech, beleuchtet in unserem zweiten Interviewteil die Zukunft der Tankstellen in der Ära der E-Mobilität und zeigt auf, wie sich diese zu zentralen Knotenpunkten in einem neuen, vernetzten Mobilitätssystem transformieren müssen. 

Die Zukunft der E-Mobilität in Deutschland

Ist die Zukunft der E-Mobilität in Deutschland gefährdet? 

Tatsächlich birgt der Blick auf diese Zukunft ein vielschichtiges Problem. Fangen wir daher am besten kurz mit wesentlichen Elementen der E-Mobilität an, um uns dem gesamten Thema dann ganzheitlich zu stellen. Denn die sogenannte „Verkehrswende“ hängt nicht nur an der aktuell viel zu teuren Energie in Deutschland. 

Nein, es hängt vielmehr an fehlenden Innovationen und Vernetzungen mit anderen Wirtschaftszweigen oder Branchen, an lähmenden Behörden, Auflagen und regulatorischem Unsinn und dazu kommt dann noch erschwerend, die bremsende Schrittgeschwindigkeit der Digitalisierung, von der ein Wandel der Mobilität abhängt. 

Statt auf die Megatrends unserer Zeit zu schauen und diese als Aktivposten in der EU voranzutreiben, stehen wir aktuell da, schauen zu und behindern uns selbst. 


Bremsende Schrittgeschwindigkeit in der Digitalisierung: Woran macht man das fest?
 

Dazu gebe ich gerne einen kurzen Einblick. Tatsächlich gibt es einen Index, den Digital Economy and Society Index (DESI) dessen Ergebnisse leider wenig motivierend sind. 

Der DESI wird von der Europäischen Kommission veröffentlicht und thematisiert den Digitalisierungsgrad der Länder Europas in einer Gesamtbetrachtung. In der Kategorie digitale Kompetenzen hat Deutschland Nachholbedarf. Es belegt Platz 23 von 28. Deutschlands digitale Infrastruktur weist auch Mängel auf. Obwohl Deutschland zuvor ein erhebliches Budget in die Kommunikationsinfrastruktur investierte, liegen wir trotzdem nur im Mittelfeld auf Platz 13. Der Glasfaserausbau kommt nur schleppend voran, die 5G-Netze auf dem Land sind lückenhaft und die Einführung von 5G steht vor regulatorischen Hürden. 

Obwohl der Koalitionsvertrag ambitionierte Pläne zur Digitalisierung versprach, sieht die Realität allerdings anders aus: Laut Bundesinnenministerium sind beispielsweise von allen verfügbaren Verwaltungsleistungen nur etwa sechs Prozent flächendeckend digital verfügbar. 

In vielen KMU’s wird heute allerdings noch von „Neuen Medien“ oder EDV gesprochen. Das zeigt eindeutig und transparent, wo wir hier leider noch immer stehen. 

Aber sagen wir es mal anders – diese Werte sind absolut motivierend! Denn geben sich viele Unternehmen ja keinesfalls mit dem Status Quo zufrieden, sondern gehen aktiv voran und fungieren als digitale Game Changer. Der dynamische Fintech und Payment Markt ist hier ein sehr gutes Beispiel und macht es trotz geschilderter Widerstände an vielen Stellen vor. 


Ist E-Mobilität für dich ein neuer Megatrend?
 

Ja, genau. Megatrends sind die größten Treiber des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft und prägen unsere Zukunft – nicht nur kurzfristig, sondern auf mittlere bis lange Sicht. Megatrends entfalten ihre Dynamik über Jahrzehnte. Hier sollten wir daher ansetzen und schon heute Strategien und Märkte vernetzen, um so die E-Mobilität anzuschieben – und uns dabei dynamisch in die Kurve legen. Mit der Energiewende müssen sich Tankstellen neu erfinden und die „Spritstation“ zur Wohlfühlzone elektrifizieren. Das hat seinen Preis. 

Digitalisierte Tanke, E-Mobility dei Zukunft
Trendorientierte ultra-fast (UFC) Ladestationen für E.ON. In enger Zusammenarbeit mit Graft Architects konnten wir erste Geschmacksmuster für Customer Centric fokussierte Mobilitäts-Hubs entwickeln und mittels Architektur Identität repräsentieren. Denn Architektur ist eine „Kulturtechnik“ und verweist auf gesellschaftliche Wertetrends.

Welche Auswirkungen hat die E-Mobilität auf die Tankstellen, wie wir sie kennen? 

Wenn man die neuen, zusätzlichen Touch-Points erkennt und wirklich relevante Services darüber anbietet, wird das Laden zur Nebensache und der Stop zu einem „Meaningful Break“. 

Der Handel ist im Wandel und damit dann auch die gute alte Tanke. Denn diese ist ja längst zum verlängerten Arm des Handels geworden, aber leider noch zu sehr am POS verwurzelt und voller austauschbarer LEH Produkte in den Regalen. Das Angebot ist überall gleich weichgespült und ohne klare Differenzierung. Wo sind die digitalen Tools, Mehrwerte und Angebote, wo ist der klare Fokus auf den Wandel? 

In den vergangenen Jahren hat die Convenience und die Tech-Branche ihre Relevanz eindrucksvoll unterstrichen. Jetzt kommt es darauf an die Zukunftsfähigkeit von Tankstellen mit klarem Fokus auf „E-Mobility-Hubs“ aktiv voranzubringen. Tanken oder Laden ist nur noch nebensächlich! 

Es besteht also die Notwendigkeit, ein noch relevanteres Convenience-Geschäftsmodell, einen neuen Market-Place zu entwickeln. Also, den Wandel für Wachstum nutzen. 


Steht uns ein Tankstellen-Sterben in Städten bevor
? 

Wie schon beschrieben, sollte dieser herkömmliche POS von Neugierde getrieben sein, sich laufend neu zu erfinden und sich dabei an Megatrends orientieren. Also, wie verändert sich die Gesellschaft, wie die Städte, wie die Nutzung der Mobilität? 

Die Autos entwickeln sich raus aus den Städten. Die Tankstellen, oftmals auf städtischem Grund gebaut und von den Mineralölkonzernen gegen eine Pacht für die Versorgungsverpflichtung der fahrenden Bevölkerung bereitgestellt, müssen sich neu erfinden. Das Tankstellen Sterben hat längst begonnen. Es steht also ein weiterer Generationenwechsel bei den Tankstellen an. 

Denn schon jetzt ist Fakt – weg vom 5-Tage-Arbeitsplatz hin zur 3 Wochentage Homeoffice Option. Demografie und Führerscheinbesitz? In Norwegen erfolgen 90% aller Ladevorgänge von EVs zu Hause oder am Arbeitsplatz. Dies verdeutlicht, dass dem „Convenience“ Angebot an Tankstellen eine überragende Bedeutung zukommt, um die mobilen Kunden auch weiterhin zur Tankstelle zu bewegen. 

Wie reagiert also das digitale Ökosystem „Tankstelle“ und die Mobilitätsveränderungen mit den sich immer schneller ändernden Konsumenten-Anforderungen an Essen, Trinken & Shoppen und digitalen Belohnungen. 

Sprechen wir aber dabei nicht über die warme Bockwurst, Chips Tüten, Wasserkästen oder Füllmaterial wie Brötchen, die nur danach aussehen und nach nichts schmecken.  


Inwieweit wird sich das Tankstellenmodell verändern?
 

Die Optionen bewegen sich zwischen den Dimensionen Energiesystem und Mobilitätssystem. Fossile und postfossile Träger (inklusive Batterien und Wasserstoff) auf der einen Seite – und fahrzeugbasierte Konzepte sowie Mobilitätsdienste auf der anderen.

Automotive, Digitalisierung, Tankstelle

Viele Tankstellenbetreiber werden natürlich versuchen, das aktuelle Geschäftsmodell so lange wie möglich in die Zukunft zu verlängern, denn in der Regel basiert ihr Modell auf dem Verkauf fossiler Kraftstoffe, von margenträchtigen Angeboten des täglichen Bedarfs sowie der Autowäsche als zusätzlichem Trigger. Der CEO von Aral (BP-Konzern) sagt sogar, das „60 Prozent aller Kundenkontakte nichts mehr mit Kraftstoff zu tun hat“. Betrachten wir jedoch deren aktuelles Angebot und geringen Convenience Fokus, bezweifle ich diese Zahl jedoch. Deutschlands größte Tankstellenkette hat es jedoch zum Ziel, hunderte Schnellladestationen (UFC) für Elektroautos aufzubauen,um das neu zu verteilende Geschäftsmodell in die Zukunft zu führen. 

Neben den Mineralölkonzernen stellen vor allem Energieversorger allgemein zugängliche Ladesäulen auf, auch an Supermärkten oder Hotels. Die Bundesnetzagentur zählte zuletzt knapp 40 000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. 

Nach Ansicht von Ökonomen, etwa des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), trägt der Bau von Ladesäulen und vor allem von Schnellladepunkten mit dazu bei, potenzielle Kunden zum Kauf von Elektroautos zu motivieren. Daher fördert der Staat nicht nur die Anschaffung der Fahrzeuge, sondern auch den Aufbau des Ladenetzes. 

Wäre logisch, wirtschaftlich und ökologisch auch zielführend, doch die Förderung der Anschaffung von EVs wurde seitens der „Ampel“ ausgesetzt. Bewerten möchte ich das besser nicht. 

Dennoch gilt, die Tankstelle 2.0 wird Ladestationen für EV‘s anbieten, und das vor allem für die Verlängerung deren Reichweite. Deswegen werden sich diese Tankstellen und Ladeparks auch künftig nicht in Innenstädten finden, sondern vor allem am Stadtrand und im ländlichen Raum. Carsharing-, Mietwagen oder Lieferflotten finden dann hier ihr Zuhause. 


Wie müssen Tankstellen sich verändern und ihr Angebot anpassen, um für die Menschen attraktiv zu bleiben?
 

Aufgrund guter Lagen werden Sie zu kleinen Supermärkten oder sogar „Umsteigestationen“ aufgerüstet. 

Mitten in der Stadt, wo Tanken keine große Rolle mehr spielt, könnten wichtige soziale Funktion und kommunikative Angebote für den Stadtteil entwickelt werden. Investiert wird dann nicht mehr ins Technische, sondern ins Soziale und Kulturelle, in das Ambiente. So könnten Kulturräume entstehen, die die Stadt atmen lassen. 

Auch der aktuelle Bike-Boom erzeugt neue Märkte. Porsche kooperiert mit dem größten Fahrradhersteller der Welt. „Road Diet“ ist also ein Prinzip, auf das Stadtakteure vermehrt setzen. Der städtische Straßenraum für Autos wird proaktiv reduziert und es werden neue öffentliche Räume für nachhaltige Nutzungen und aktive Mobilitätsformen, wie das Radfahren geschafften. 

Tankstellen = Mobilitätshubs?

Also verwandeln sich die Tankstellen zu Mobilitäts-Hubs? 
 
Ja, denn sie haben das Potenzial, die Elektrifizierung einer städtischen Mobilität voranzutreiben. Vorstellbar wären Zentren für Mobilität, die Co-Working Space und vieles mehr bieten. Wie auch bei E.ON-Drive, werden in Zukunft neue Architekturen und Räume entstehen, die weit mehr als nur Mobilität bieten. 

Oder, das EV Unternehmen – also ehemalige Automotive Companies – dort Batterien zum Tausch anbieten oder Zugang zu Sharing-, Miet- und Abo-Modellen (siehe FINN) bieten und spezielle ÖPNV-Angeboten bringen uns dorthin. 

Mobilität bedeutet somit auch ein smartes, komfortables Reisen. Dafür braucht es eben alle Mobilitätspartner vereint. 

Konzepte liegen bereits viele vor, doch zeichnet einen gute Business-Case immer auch eine planbare ROI-Strategie und ein nachvollziehbares Timing aus. Und gerade hier wird es aufgrund der bereits geschilderten Bremsen schwierig. 


Aktuell gehen wir aber ja dort „tanken“, wo es am nächsten ist, und wo der Preis am besten ist?
 

Heute ja, aber morgen nicht mehr. Der Wettbewerb Tankstelle gegen Tankstelle ist vorbei. 

Schon heute konkurrieren die Tankstellen mit Bäckern, Discountern, Casual Food Restaurants und Imbissen. Und daher ja die Strategie das Letztere dort zu belassen. Auch als Omnichannel POS zu der Lagerung und Abholung der digital bestellten Produkte. 

Nutzen Sie das Potenzial der E-Mobilität und bringen Sie Ihr Unternehmen auf die Überholspur!

Lassen Sie sich von den Erkenntnissen von Matthias Trusheim inspirieren und gestalten Sie die Zukunft der Mobilität mit. Jetzt consultingheads beauftragen und Ihre Strategien zur E-Mobilität vorantreiben!