Das erste Quartal des Jahres ist zu Ende. Das bietet Anlass, sich die HR-Trends 2019 näher anzuschauen. Diese basieren auf den gesellschaftlichen Entwicklungen: Individualisierung, Digitalisierung und Flexibilisierung. Zeit zum Umdenken und raus aus der Komfortzone – das ist die Devise. Zumindest sollte sie es eines jeden Personalers, aber auch Beraters, Geschäftsführers, Gründers und Freelancers sein.
Doch leider sind sich bei weitem noch nicht alle Unternehmen der neusten Entwicklungen bewusst, ganz davon zu schweigen, dass sie ihr volles Potenzial ausschöpfen. Noch ein Grund mehr, sich die Frage zu stellen: Was beschäftigt die HR-Arbeit im Jahre 2019 und was sind die wichtigsten Trends im Bereich Recruiting? Wir verraten es Dir in diesem Artikel!
Übersicht:
Fachkräftemangel – das HR-Problem des Jahres
Die fünf wichtigsten HR-Recruiting-Trends 2019
>> Neue Recruiting-Event-Formate
>> Automatisierung und Künstliche Intelligenz
>> Positive Candidate-Experience
➥ Infografik: HR-Trends 2019 [PDF]
>> Ethische Kontrolle intelligenter HR-Technologien
>> Flexibilität, Freiraum & Freelance
>> Work-Life-Blending als neues Problem
Ganzheitlicher Approach ist Key
Fachkräftemangel – das HR-Problem des Jahres
Der Fachkräftemangel ist das zentrale HR-Thema des Jahres. Unserer Erfahrung nach haben viele Unternehmen Probleme, qualifizierte Mitarbeiter für ihre Vakanzen zu finden. Die Folge ist gebremstes Wachstum. Denn wo die nötige Expertise fehlt, können Innovationen und Entwicklungen nur schwer vorangetrieben werden. Was können Unternehmen also tun, damit sie im Wettbewerb um die heiß begehrten Fachkräfte nicht leer ausgehen?
Sie müssen das Potenzial, das ihnen eine moderne, digitalisierte Personalbeschaffung bietet, ausschöpfen. Doch sich festklammernd an altbewährte Methoden, hinken viele Unternehmen diesen Möglichkeiten massiv hinterher. Darüber hinaus gehen sie nicht genug auf die Wünsche ihrer Kandidaten ein. Heutzutage lassen sich Top-Talente nicht einfach als Mittel zum Erreichen der Unternehmensziele mit durchschnittlichem Gehalt und mangelhafter Arbeitsatmosphäre abspeisen.
Die fünf wichtigsten HR-Trends 2019
Recruiter müssen spätestens in diesem Jahr mehr bieten. Eine Basis dafür ist es, sich über das eigene Recruiting Gedanken zu machen und bei der Personalstrategie noch einen Schritt weiter zu gehen.
Bei welchen Trends hinkt Dein Unternehmen hinterher? Wir gehen auf die fünf HR-Trends ein, die aktuell am wichtigsten sind und bei denen zahlreiche Unternehmen noch Verbesserungspotenzial haben.
1. Recruitment-Marketing
HR erlebt aktuell einen Paradigmenwechsel. Personaler verwenden immer häufiger Marketingtechniken im Recruiting, um den Herausforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden. Im Gegensatz zum traditionellen Recruiting setzt Recruitment-Marketing früher im Kontakt mit den Kandidaten an. Die Kontaktaufnahme soll schon erfolgen, bevor sich der zukünftige Mitarbeiter überhaupt auf die Suche nach einem neuen Job macht.
Ziel ist es zunächst, Awareness zu schaffen und dem Kandidaten positiv im Gedächtnis zu bleiben. Dabei werden Marketing-Techniken wie Inbound-Recruiting, SEO-optimiertes Content-Marketing und Social-Media-Marketing verwendet, um die Zielgruppe anzusprechen. Unternehmen können sich aktiv als Arbeitgeber promoten, Karrieremöglichkeiten präsentieren und den direkten Austausch mit potenziellen Kandidaten suchen. Wenn der Kandidat sich dann auf die Jobsuche macht, besteht der Kontakt schon und der Ansprechpartner kann versuchen, ihn entlang des Talent-Acquisition-Funnels bis zum erfolgreichen Hire zu führen.
Employer-Branding-Trends
Employer-Branding als essenzieller Teil des Recruitment-Marketings spielt in diesem Jahr weiterhin eine große Rolle. Der Trend geht hier ganz klar zu Video-Content und Storytelling. Denn Bewerber erinnern sich nicht an Zahlen und Fakten. Stattdessen wollen sie Emotionen, die besonders durch Videos und Geschichten übertragbar sind. Mit gutem Content schaffen es Unternehmen, potenzielle Bewerber auf einer emotionalen Ebene zu erreichen und langfristig im Gedächtnis zu bleiben.
McKinsey, BCG und Roland Berger machen es mit ihren aktuellen Recruiting-Videos vor und zeigen damit unterschiedliche Facetten, wie Unternehmen Videos im Employer-Branding einsetzen können:
- Mitarbeiter erzählen in Videos selbst und transportieren authentische Botschaften wie es ein Text nie schaffen würde.
- Interaktive 360-Grad-Videos ermöglichen eine virtuelle Office Tour, um das zukünftige Arbeitsumfeld der Kandidaten zu präsentieren und die Atmosphäre lebendig darzustellen.
- Durch regelmäßige Videos bei Team-Events oder sozialem Engagement positionieren sich Unternehmen als glaubwürdige und attraktive Abreitgeber.
„Google for Jobs“
„Google for Jobs“ ist seit dem 22. Mai 2019 auch im deutschsprachigen Raum verfügbar. Dadurch werden Stellenanzeigen wieder in den Fokus gerückt und sollten optimiert werden. Dabei ist zu beachten: Je konkreter die Stellenanzeige, desto effektiver ist die Personalauswahl. Dazu gehört auch die Angabe des Gehalts.
Ziel ist es auf keinen Fall, durch vage formulierte Vakanzen möglichst viele Bewerber anzusprechen. Denn zu viele irrelevante Bewerbungen führen zu unnötigem Work-Load für Recruiter, die Bewerbungen bearbeiten müssen. A/B-Tests verschiedener Beschreibungstexte, Bilder oder Videos helfen wie im Marketing, die beste Stellenanzeige zu finden.
Besonderer Fokus sollte auch auf die Karriere-Seiten der Firmen gelegt werden, die durch das Google-Update wieder an Bedeutsamkeit gewinnen. Durch optimierte Darstellung können Stellen dann über die eigene Seite direkt auf Google gefunden werden. Die Vormachtstellung von Job-Börsen wie Stepstone könnte schwinden.
Neue Recruiting-Event-Formate
Die Recruiting-Messen der Zukunft finden online statt: mit virtuellen Info-Ständen, Chats und Video-Interviews. Dies bietet eine kostengünstige Möglichkeit für Unternehmen, mit Kandidaten persönlich, schnell und ohne viel Arbeitsaufwand in Kontakt zu treten. Für Kandidaten sind Online-Formate im Gegenzug bequem, denn sie können von der Couch auch entfernte Messen erreichen und ihr professionelles Netzwerk erweitern.
Immer beliebter werden jedoch auch interaktive reale Eventformate wie Job-Speed-Dating, Blind-Recruiting, Koch-Sessions und kurze gemeinsame Städtetrips in angesagten Locations. Den Ideen sind hier keine Grenzen gesetzt und es gilt: je außergewöhnlicher, desto besser. Die Vorteile sind, dass qualifizierte Kandidaten, die mit großem Interesse für das Unternehmen brennen und dazu passen, direkt erkannt werden – auch wenn sie auf ihrem Lebenslauf nicht unbedingt glänzen.
Strategy& verbindet mit diesem Video den Employer-Branding-Trend „Storytelling“ mit einem spannenden Event in Sizilien. In der Beratungsbranche, in der das Human-Kapital das wichtigste Gut ist, haben schon seit Jahren innovative Recruiting-Ideen Einzug gehalten. Vor allem spannende Karriere-Events (BAINWORKS in Barcelona mit Bain & Company, Ab in den Süden nach Mallorca mit Deloitte etc.) sind bei Unternehmen und Kandidaten sehr beliebt.
2. Digitalisierung
Nicht nur die Consultingbranche, sondern auch das Personalwesen durchleben eine digitale Transformation. Klarer Trend in diesem Jahr sind „HR Innovation Labs“ und das Experimentieren mit innovativen HR-Lösungen, wie künstliche Intelligenz, Apps, Softwares und automatisierten Programmen. Dabei geht es nicht darum, menschliche Recruiter zu ersetzen, sondern sie durch automatisierte Prozesse bei Routinetätigkeiten zu entlasten.
Beim datengesteuerten Recruiting werden eine große Menge an Daten durch Bewerberverfolgungssysteme und Recruitment-Marketing-Plattformen (wie zum Beispiel talentry oder VONQ) gesammelt. Mit Softwares können Recruiter dann automatisch wichtige Kennzahlen wie Time to Hire oder Cost per Hire analysieren. Dies hilft zu verstehen, welche Teile der Recruiting-Strategie gut funktionieren und welche verbesserungsfähig sind.
Automatisierung und Künstliche Intelligenz
Von der Digitalisierung des Recruitings profitieren Kandidaten, Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen. Prozesse werden beschleunigt, ihre Qualität verbessert und Kosten gesenkt. Beispiele sind:
Prozess | Digitalisierte Lösung |
Manuelle Kandidatensuche | Smart-Systeme nutzen Algorithmen für die automatisierte Suche nach passenden Kandidaten (siehe Active Sourcing) |
Manuelles Kandidatenscreening | CV-Screening-Tools wählen passende Kandidaten nach bestimmten Kriterien und Keywords automatisch aus |
Kommunikation mit Kandidaten vor und während des Bewerbungsprozesses | Recruiting-Chatbots, die Kandidaten zu jeder Tageszeit zur Verfügung stehen und sie auf dem Laufenden halten |
Vorstellungsgespräche | Eine Mischung aus Video-Interview, VR-Tests und Live-Interviews, um die Auswahl der Kandidaten zu erleichtern (Beispiel: Accenture, Imbellus) |
Administrative Tätigkeiten wie Abrechnungen | Automatisierte Beantwortung von Anfragen in Smartphone-Apps |
Aufstellung von Schicht- oder Projektplänen | Digitale Pläne, automatisiert erstellt nach Präferenzen, Zeitaufwand |
Prozessüberwachung | All-in-One-Tools tracken transparent die gesamten HR-Tätigkeiten auf einer Plattform |
Headhunter oder Personalvermittler | Digitalisierte Vermittlungsplattformen (Beispiel: Honeypot, consultingheads) |
Weiterbildungsseminare für Gruppen von Mitarbeitern | Digitale Lerneinheiten, die individuell durch K.I. auf den Mitarbeiter, seine Interessen und Fortschritte zugeschnitten sind |
Austausch von Informationen | Digitaler Wissenspool und virtueller Wissenstransfer durch Gamification-Ansatz |
Active Sourcing
Beim Active Sourcing sprechen Recruiter Kandidaten im Netz aktiv auf Unternehmen und offene Stellen an. Dies ist eine effektive Strategie, denn sie erreicht kostengünstig auch die passiven Kandidaten, die nicht nach einer Stelle suchen oder keine Lust haben, sich proaktiv zu bewerben. Das sind immerhin 70 % aller globalen Arbeitskräfte. Fast alle – sowohl aktive als auch passive Kandidaten – sind übrigens daran interessiert, über neue Jobmöglichkeiten zu erfahren.
Bisher lief Active Sourcing größtenteils manuell ab, doch spätestens in diesem Jahr werden Unternehmen diesen Prozess zunehmend automatisieren. Der Personaler definiert die Voraussetzungen anhand von Schlüsselwörtern und mit einem Klick durchsucht ein Sourcing-Tool datenschutzkonform und flächendeckend in allen Business-Netzwerken, sozialen Medien und Jobplattformen nach Personen, die diese erfüllen. Die individuelle Ansprache übernimmt dann der Personaler selbst.
Vermittlungsplattformen
Anstatt teure Headhunter oder Personalvermittler zu engagieren, wenden sich Unternehmen immer häufiger an digitale Vermittlungsplattformen wie Honeypot oder consultingheads. Damit sparen sie sich Kosten und Zeit. Denn sie müssen sich nicht selbst um die Digitalisierung der internen Auswahlprozesse kümmern, sondern greifen auf externe Anbieter zurück, die diese Vorgänge bereits automatisiert haben.
Zum Beispiel unterstützen wir bei consultingheads Beratungen, Unternehmen aller Größenordnungen und Start-ups bei ihrer Suche nach passender Freelance- oder Vollzeit-Verstärkung mit Beraterprofil. Unser Skill-Match erlaubt es uns, auf Basis der vom Unternehmen genannten Voraussetzungen blitzschnell herauszufinden, wie sehr Kandidaten auf eine bestimmte Stelle passen. Ergänzt durch Predictive Analytics können wir zudem erkennen, ob die Kandidaten an der Stelle interessiert sind und überhaupt wechselwillig sind. Damit beschleunigen wir den ersten Schritt der Personalsuche für Unternehmen enorm.
3. Candidate-First-Ansatz
Durch die Automatisierung vieler Prozesse können Personaler mehr Zeit in wichtigere Dinge stecken. Statt sich beispielsweise mit Bewerbungsunterlagen abzumühen, können sich Recruiter nun gänzlich auf die Kandidaten konzentrieren, ein positives Bewerbererlebnis schaffen und den Kontakt zu ihnen besser pflegen. Das führt zu einem wahrscheinlich längst überfälligen Umdenken, bei dem Kandidaten als Kunden wahrgenommen werden.
Das ist notwendig, damit Unternehmen neue Talente anziehen sowie ihre Mitarbeiter länger an das Unternehmen binden können. Kostenloses Obst, Sommerfeste, Fitnessangebote können ein guter Anfang sein. Doch Unternehmen sollten auch darüber hinaus Benefits für ihre Mitarbeiter schaffen. Am besten ist es, die Mitarbeiter bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen miteinzubinden und zu versuchen, ihre Wünsche gemeinsam umzusetzen.
Individuelle Ansprache
Der Schritt, der dem automatisierten Active Sourcing folgt, ist die individuelle Direktansprache. Diese ist entscheidend, da hochqualifizierte Kandidaten über XING oder LinkedIn täglich viele Nachrichten von Personalern bekommen. Hier geht es nicht primär darum, sofort den passenden Mitarbeiter zu finden. Der persönliche Kontaktaufbau sollte im Vordergrund stehen.
Damit das Unternehmen dem Kandidaten positiv im Gedächtnis bleibt, müssen sich Recruiter den Lebenslauf des Kandidaten ganz genau anschauen. Mit einem knackigen Text, der auf die individuellen und relevanten Karrierestationen des Kandidaten eingeht, ohne dabei den Lebenslauf einfach zu wiederholen, wird dann zur Kontaktaufnahme aufgefordert.
Massennachrichten zu verschicken, sind ein absolutes No-Go! Auch eine Aufforderung, sich über einen Online-Link auf die Stelle zu bewerben, bringt im besten Fall gar nichts und hinterlässt im schlimmsten Fall einen schlechten Eindruck.
Positive Candidate Experience
Im Rahmen des Candidate-First-Ansatzes ist es wichtig, eine positive Candidate Experience zu schaffen – vom Screening und der Bewerbung über das Vorstellungsgespräch bis hin zur Einstellung und dem Onboarding. Bei ellenlangen und komplizierten Bewerbungsformularen brechen Kandidaten beispielsweise den Bewerbungsprozess einfach ab. Muss ein Bewerber wochen- oder gar monatelang auf Rückmeldung oder Feedback warten, führt das zu Frustration und einem schlechten Ruf des Unternehmens. Macht er hingegen eine positive Erfahrung, wird er das Stellenangebot eher annehmen, empfehlen oder sich in Zukunft erneut bewerben.
Um die Candidate Experience aus Bewerbersicht besser nachzuvollziehen ist es sinnvoll zunächst eine Candidate Journey Map zu erstellen, die alle Kontaktpunkte mit dem Unternehmen aufzeigt. So lassen sich neue Potenziale, aber auch Schwachstellen im Recruitingablauf ermitteln. Wenn es an der erforderlichen Kapazität im Unternehmen fehlt, sollte man sich durch Vermittlungsplattformen unterstützen lassen.
Gepflegte Talent Pools
Alle hochqualifizierten Talente, mit denen ein Unternehmen jemals in Kontakt war, sollten datenschutzkonform in einen eigenen Talent-Pool aufgenommen werden: ehemalige Kollegen, Mitarbeiter oder Bewerber, gesourcte oder empfohlene Talente und Kandidaten, die sich inbound oder auf Karrieremessen in den Pool aufnehmen ließen. Sobald eine Stelle frei wird, kann man dann den bestehenden Pool durchsuchen und blitzschnell passende Kandidaten finden.
Für das Unternehmen, das potenzielle Bewerber nicht erst akquirieren muss, bietet ein Talent Pool eine kosteneffiziente Methode, um passende Kandidaten zu finden. Da der Kandidat schon mit dem Unternehmen vertraut ist, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er an der Stelle interessiert ist oder sie weiterempfiehlt.
Bei einer guten Kandidatenpflege (Candidate Relationship Management) bleiben Unternehmen dann auch grundsätzlich mit ihrem Talent Pool in Kontakt. Zum Beispiel können interessante und relevante E-Mail-Kampagnen oder Newsletter über Innovationen oder spannende Events verschickt werden.
Infografik: HR-Trends 2019 [PDF]
4. Ethik
Kandidaten geht es bei der Berufswahl heute nicht mehr primär um eine überdurchschnittliche Bezahlung und interessante Benefits. Viel wichtiger ist ihnen, für ein Unternehmen zu arbeiten, mit dem und dessen Werten sie sich identifizieren können. Sie möchten, dass ihre Persönlichkeit und das Team zueinander passen.
Personaler, die nach dem perfekten Candidate-Fit streben, erfüllen diese Wünsche und denken langfristig. Denn Personal, das sich wohlfühlt und sich gut in das Team integriert, arbeitet effektiver und bleibt länger im Unternehmen. Eine Unternehmenskultur, die jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter ermuntert, sich mit der ganzen Persönlichkeit einzubringen, schöpft ihr gesamtes Potenzial aus.
Diversity
Vielfalt wurde in Deutschland bisher vor allem als Gender Diversity verstanden. Nun erweitert sich das Diversity-Verständnis in den Unternehmen. Das dritte Geschlecht, Alter und sexuelle Identität rücken in den Fokus der Aufmerksamkeit. Zudem bietet die Zuwanderung große Chancen, Fachkräfte zu finden und lässt Dimensionen wie Internationalität, Religion und ethnische Zugehörigkeit endlich auch Teil der Unternehmensvielfalt werden.
Es geht hier nicht um Richtlinien und Gesetze, sondern um Unternehmenskulturen, die Diversität leben. Wer sich im Wettbewerb durchsetzen will, muss diverse Teams bauen, denn die Vorteile derer sind schon längst wissenschaftlich belegt (Quelle: Harvard Business Review). Digitale Technologien in Form von Cultural-Assessment-Tools können Recruitern in Zukunft bei ihrer Teamzusammenstellung helfen.
Ethische Kontrolle intelligenter HR-Technologien
Digitale Tools dieser Art stellen uns jedoch auch vor eine Auseinandersetzung mit ethischen Fragen. Können Mitarbeiter in Zukunft ganz ohne menschlichen Kontakt, sondern nur auf Basis der Entscheidung eines Algorithmus eingestellt werden? Wie kann zum Beispiel sichergestellt werden, dass ein Cultural-Assessment-Tool oder ein intelligenter Screening-Algorithmus Mitarbeiter nicht diskriminiert? Welche Daten dürfen wie lange über Mitarbeiter gespeichert werden?
Vor allem bei der Nutzung von Daten über Mitarbeiter und Teams müssen Unternehmen vorsichtig sein und verantwortungsvoll handeln, damit die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen geschützt werden. Die Verantwortlichen in den Unternehmen sind in der Pflicht transparente Regeln aufzustellen, welche Daten von Mitarbeitern gespeichert werden und wie sie verwendet werden. Eine Software allein nach Effizienzgesichtspunkten zu wählen oder sich blind an die gesetzlichen Regeln zu handeln, greift im Angesicht der rapiden Veränderungen und der Trägheit des Gesetzgebers zu kurz.
5. New Work
„New Work“ bezeichnet die Arbeitswelt 4.0, die sich in der zukünftigen Gesellschaft im digitalen und globalen Zeitalter durchsetzen wird. Weg von starren Regelungen und veralteten Arbeitsstrukturen hin zu zeitlicher, räumlicher und organisatorischer Flexibilität am Arbeitsplatz. Das zukünftige Arbeiten wird durch folgende drei Merkmale charakterisiert:
- Freiraum & Flexibilität in Form von mobilem Arbeiten, flexiblen Arbeitsorten, -zeiten, aber auch -aufgaben, die für mehr Freiheit der Mitarbeiter sorgen
- Agile Prozesse und Agiles Management mit flachen Hierarchien, die schnelle Entscheidungen fördern und Mitarbeitern Selbstverantwortung übertragen
- Moderne Bürokonzepte, die sich mit kreativen Open-Spaces, Office-Sharing oder Einzelbüros an die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter anpassen
Early Adopter können hier als Arbeitgeber punkten und schaffen es, neue High-Potentials zu begeistern und an das Unternehmen zu binden. Sowohl für das Unternehmen als auch die Mitarbeiter ist es jedoch wichtig, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit dieses neue Arbeitskonzept auch funktioniert und den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.
Flexibilität, Freiraum und Freelance
Die Flexibilität zeigt sich primär in dem Wunsch der Mitarbeiter, sich ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort selbst auswählen zu dürfen. Mobiles Arbeiten, Home-Office, Sabbaticals, Jobsharing und die Vier-Tage-Woche sind Optionen, die Unternehmen in diesem Jahr vermehrt ihren Mitarbeitern anbieten werden.
Doch auch der Arbeitsmarkt flexibilisiert sich sowohl aufgrund dieses Freiheitsdranges als auch aufgrund der Digitalisierung. Bei consultingheads erleben wir einen enormen Anstieg der Freelance-Projekte, mit denen Unternehmen kurzfristig ihre Bedarfsspitze abdecken möchten. Kandidaten auf der anderen Seite sind dankbar für solche Kurzzeitprojekte, um sich zum Beispiel bei einer Unternehmensgründung nebenbei über Wasser zu halten.
Agile Führungskräfte
Auch die Führung muss sich dieses Jahr verändern, um sich an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gesamtentwicklungen anzupassen. Personaler sollten ihre Führungskräfte dabei unterstützen, sich noch agiler aufzustellen.
Weg vom Manager mit Kontrolle hin zum Vorbild und Leader mit Vertrauen ist das Motto. Agile Führungskräfte geben ihren Mitarbeiter Freiräume, fördern Eigenverantwortung, Selbstorganisation und persönliche sowie professionelle Entwicklung. Coaching, Feedback und ein kontinuierlicher Dialog sind der Schlüssel zum Erfolg. Der Wandel von der Input- zur Output-Orientierung steht im Mittelpunkt, das heißt die Arbeitszeit wird weniger relevant, stattdessen zählen Resultate.
Work-Life-Blending als neues Problem
Insbesondere für junge Mitarbeiter wird das Wohlbefinden auf der Arbeit noch wichtiger. Dennoch steigen wegen des aktuellen Fachkräftemangels Workload, Stress und Überforderung der Mitarbeiter. Das Ärzteblatt berichtet:
„Jeder zweite Bundesbürger fühlt sich von Burnout bedroht. Sechs von zehn Befragten klagen zumindest gelegentlich über typische Burnout-Symptome wie anhaltende Erschöpfung, innere Anspannung und Rückenschmerzen. […] Je 61 Prozent der Menschen in Deutschland klagen über Rückenschmerzen oder Erschöpfung – 23 Prozent jeweils sogar häufig.“
Die Diskussion dreht sich nicht mehr um „Work-Life-Balance“, sondern um „Work-Life-Blending“, die Verschmelzung von Berufs- und Privatleben aufgrund neuer Arbeitsweisen wie beispielsweise dem mobilen Arbeiten. Für HR-Manager besteht die Pflicht, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit diese Entgrenzung nicht zu einem neuen Gesundheitsrisiko führt. Sie dürfen die Mitarbeiter nicht mit diesen Themen allein lassen, sondern müssen gesundheitsfördernde Benefits wie Sportangebote anbieten und verkürzte Arbeitszeiten in Erwägung ziehen. Vor allem aber müssen sie eine Unternehmenskultur schaffen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter eingeht.
Ganzheitlicher Approach ist Key
Vor allem HR-Mitarbeiter sollten sowohl gesellschaftliche Entwicklungen als auch Trends im Personalmanagement frühzeitig erkennen und grundlegend verstehen, um dann die Personalstrategie erfolgreich darauf abzustimmen. Das Lesen von Blogs, Fachzeitschriften und Büchern hilft, frühzeitig Trends und Entwicklungen zu erkennen.
Wichtig ist, eine ganzheitliche Strategie aufzustellen, die es schafft, die passende Kandidatenzielgruppe zu erreichen, einzustellen und auch zu halten. Wer langfristig und fortschrittlich denkt, ist ganz klar im Vorteil. Und wer sich Unterstützung sucht, zeigt keineswegs Schwäche.
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2 Antworten
Interessant, dass es digitale Vermittlungsplattformen gibt! Ich hatte nie von Honeypot und consultingheads gehört. Ich bin auf der Suche nach Personal für meine Firma. Ich werde definitiv diese Webseiten checken! Danke für den Tipp!